Seit einem Jahr bin ich mit einer wunderbaren Frau zusammen. Sie leidet seit einigen Jahren an Panikattacken, seit einem halben Jahr verstärkt. Ich bin sicherlich nicht einfach - ein Zappelphillipp und Klammeräffchen. Aber ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass es ihr so geht. Doch sie sieht in mir einen Auslöser. Nicht in sich und ihrer Art mit Stress umzugehen.
Ich will ihr helfen, kann es aber nicht. Sie hat mich jetzt an die Luft gesetzt. Weil ich sie in unserer kleinen Wohnung erdrücke. Und sie alleine sein will.
Ich bin hilflos, weil ich Angst habe, um sie, um uns und um mich. Ist das egoistisch? Oliver, 44
Ein Freund ist kein Arzt.
Der große Psychoanalytiker Heinz Kohut hat in seinem postum veröffentlichten Standardwerk „Wie heilt die Psychoanalyse?“ den vielleicht schönsten Tipp für eine gelungene Beziehung gegeben.
„Eine gute Ehe ist eine solche, in der zu jedem gegebenen Zeitpunkt nur einer der beiden Partner verrückt ist.“
Jeder ist mal nicht bei sich, die Übergänge von medizinisch Relevantem und Gesundem fließend.
Fühlen Sie sich nicht durch die Unterstellung, die Panikattacken Ihrer Freundin zu verstärken, zurückgewiesen? Und klammern Sie deswegen nicht noch stärker, strahlen noch mehr Unruhe aus? Ist es also nicht auch Ihr eigenes Unwohlsein, das die Probleme verstärkt?
Da ist einer, dessen Nerven blank liegen, weswegen er den anderen bezichtigt, dafür verantwortlich zu sein, woraufhin dieser auch seine Nerven verliert.
Sie sind ein erwachsener Mann, sich selbst als Klammeräffchen und Zappelphillip zu bezeichnen, reicht nicht, Sie müssen auch den Willen an den Tag legen, ein Fels in der Brandung zu sein.
Es gibt für Panikattacken keine äußeren Faktoren. Ein Therapeut sagte mir einmal: „Wenn jemand, glaubt, Lärm, eine Menschenmenge oder andere Einflüsse würden eine Panikattacke hervorrufen, und er zieht sich deshalb zurück, wird er irgendwann das Sofa als bedrohlich nah empfinden.“ Und doch kann man als Partner etwas falsch machen und genau das machen Sie: Sie vermitteln durch Ihr Verhalten, es sei tatsächlich etwas nicht richtig. Sie reagieren panisch auf die Panik. Der Paranoiker schreit „Feuer!“, der Gesunde dreht sich um, sieht nichts - und fängt an zu rennen.
So sind Sie kein Auslöser, aber ein Verstärker und die sowieso schon überwältigende Wahrnehmung Ihrer Freundin gewinnt so etwas Prophetisches. Sie braucht einen Arzt und einen Freund, Sie wissen, was davon Sie sein können.